Das Ende der Arbeitslosigkeit in Mönchengladbach?

13.02.2017 Diesem Trugschluss, der in den letzten Wochen und Monaten die öffentliche Wahrnehmung zu bestimmen scheint, traten in einem gemeinsamen Gespräch mit KandidatInnen für die Landtagswahl die Verantwortlichen der beiden großen kirchlichen Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen Neue Arbeit Mönchengladbach gGmbH und Volksverein Mönchengladbach gGmbH entgegen.

 Die beiden Träger, die für fast 400  Menschen Arbeit und Qualifizierungsangebote verantworten, hatten die Kandidaten für die Landtagswahlen 2017 eingeladen. Die Gastgeber konnten Frank Boss (CDU), Hans Willi Körfges (SPD), Dr. Boris Wolkowski (Grüne), Rohat Yildirim und Torben Schultz (Die Linke)  und für die verhinderten Landtagskandidaten der FDP den Bundestagskandidaten Stefan Dahlmanns zu einer Informations- und Diskussionsrunde begrüßen

“ Wir haben kein Erkenntnisproblem. Die Geschichte arbeitsmarktpolitischer Programme und Förderung von Maßnahmen weist mangelnde Kontinuität aus. Die Arbeit der Träger ist so durch viele Ressourcen verschwendende “Projektitis“ gekennzeichnet und produziert häufig Antragslyrik, um beim nächsten Projekt wieder das scheinbar Besondere, Neue herauszustellen.“ So resümierte Marion Schäfer-Henze, Leiterin des Sozialdienstes bei der Neuen Arbeit, bei dieser Aussprache die Geschichte arbeitsmarktpolitischer Programme seit dem Arbeitsförderungsgesetzes von 1969.

Das Ende der Arbeitslosigkeit ist nicht in Sicht, wenn man die Situation der Langzeitarbeitslosen in der Stadt Mönchengladbach in Betracht zieht.

Es klingt nicht nur zynisch: in der programmatisch sich aufstellenden „wachsenden Stadt Mönchengladbach“ wächst bis in das Jahr 2016 die Zahl der Personen, die in Hartz IV Haushalten leben auf 19 % der Bevölkerung.“ Das ist keine kleine verarmte Randgruppe, das ist eine bedeutende Teilgruppe“ so zitiert Hermann-Josef Kronen, Geschäftsführer des Volksvereins, eine Präsentation des Jobcenters Mönchengladbach bei der Darstellung der regionalen Situation langzeitarbeitsloser und der anhaltenden Herausforderungen. Die Lage langzeitarbeitsloser (5267 Personen zum 31.12.2016) verbessert sich nicht analog der Entwicklung der Arbeitslosigkeit, die zum Jahresende 2016 nach langem die Zahl von 14.000 Personen unterschreitet (12868).

Vielmehr verhärtet sich die Situation langzeitarbeitsloser: hinter den Risikofaktoren „alleinerziehend“ und „Älter 50+“ steht die „mangelnde Berufsausbildung“ an dritter Stelle der Problemindikatoren, die eine Sonderstudie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung für NRW ermittelte. Daraus resultiert eine ergänzende Charakterisierung: “arbeitslose – langzeitarbeitslose – marktferne Personen“.

Seit der Einführung der Hartz IV Gesetzgebung wurde auch in Mönchengladbach die Verantwortung für die Bearbeitung des Themenfeldes Arbeitslosigkeit an die  Arbeitsagentur und das Jobcenter verschoben. Die gravierenden sozial-, arbeitsmarktpolitischen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen scheinen seitdem lokal nur von beschränktem Interesse zu sein. Die über Jahre sich verhärtende Situation bedeutet aus Sicht der Veranstalter mindestens zwei Großbaustellen:

 -     etwa jedes dritte Kind (+13 % im Vergleich zum Bund) wächst lokal in Hartz IV-Haushalten auf. Kinder und Jugendliche haben so kaum Erfahrungen damit, dass Arbeit zum konstitutiven Alltag eines Elternteils zählt. Arbeitslosigkeit wird so vererbt. Bildungschancen verringern sich wie die Zahl der Schulabgänger ausweist. Etwa 8,4 % der Schulabgänger verfügen über keinen Abschluss. In Mönchengladbach liegt dieser Wert damit über 3 % über dem Landesdurchschnitt mit 5 %.

 -          Der zweite Personenkreis betrifft die Gruppe der langzeitarbeitslosen und marktfernen Personen. Für diese gibt es nach dem Sozialgesetzbuch die Angebote zu öffentlich geförderter Beschäftigung, die unbedingt erforderlich sind, um für die Gruppe eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt überhaupt erst zu ermöglichen oder aber mindestens zu sozialer Teilhabe beitragen.

 Matthias Merbecks vom Volksverein resümierte die Erkenntnisse des in Kooperation der beiden Träger Neue Arbeit und Volksverein in Mönchengladbach durchgeführten Landesprojekts öffentlich geförderter Beschäftigung. Dieses Projekt richtet sich an Menschen mit deutlichen Schwierigkeiten in der beruflichen Integration. Einerseits Menschen mit Familie die denen z.B. die Kinderbetreuung erst gesichert werden muss – immer noch ein schwieriges Feld. Andererseits Menschen die aufgrund ihres Migrationshintergrunds keinen Zugang zum Arbeitsmarkt finden.

Diese Menschen werden zunächst mit einer Lohnkostenförderung beim Beschäftigungsträger angestellt. Die Sozialpädagogen des Beschäftigungsträgers leisten Begleitung und Coaching – überdies werden Qualifizierungen angeboten. Ergebnisse dieses Projektes zeigen eine hohe Vermittlungsquote in den Regelarbeitsmarkt (in Höhe von 35% alleine innerhalb des Teilnahmezeitraums). Neben der Vermittlung stechen die riesigen Entwicklungssprünge der Teilnehmenden in Hinblick auf gesellschaftliche Teilhabe hervor. War das Gefühl durch die Arbeitslosigkeit von der Gesellschaft abgekoppelt zu sein vor der Maßnahme noch sehr groß änderte sich dies im Lauf der Zeit deutlich. Eine solche Entwicklung ist, gerade auch wenn Kinder der Familie davon profitieren, von hoher gesellschaftlicher Relevanz.

 Diese Entwicklungen und Erkenntnisse der lokalen Träger Neue Arbeit und Volksverein wurden Gegenstand der sich nach den Infoeinheiten entwickelnden Diskussion.

 In der Diskussion spielten die parteipolitischen Unterschiede der jeweiligen Lager nur untergeordnete eine Rolle, dafür ein Dank an die Politiker. Einigkeit wurde darin erzielt, dass die Förderung von Langzeitarbeitslosen für die Entwicklung der Gesellschaft und deren Zukunftsfähigkeit unabdingbar ist. Dies hat Gründe im Zusammenleben allgemein aber auch hinsichtlich des demografischen Wandels und dessen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Einigkeit herrschte auch in dem Punkt, dass die Verantwortung für diesen gesellschaftsgestaltenden Auftrag nicht alleine eine bundespolitische Angelegenheit ist sondern insbesondere Landes- und Kommunalpolitik sich dieser Themen annehmen müssen, da die Bedingungen vor Ort, und da nimmt Mönchengladbach innerhalb von NRW und auch der BRD eine deutlich förderungswürdige Position ein, Berücksichtigung finden müssen.

So sagten die Kandidatin und die Kandidaten denn auch zu, im Falle ihrer Wahl in den Landtag von NRW sich für eine zukunftssichernde Arbeitsmarktpolitik einsetzen zu wollen. Aber eben auch im kommunalpolitischen Geschehen.